Feedback – eine kritische Einordnung

Feedback betrifft uns alle, denn es gehört zu den Grundlagen zwischenmenschlicher Kommunikation. Im Arbeitsalltag ist es eines der wichtigsten Führungsinstrumente. Wenn wir Feedback geben, dann beschreiben wir unsere Wahrnehmung zu einem bestimmten Verhalten, einer Leistung oder einer Situation. Wir wollen damit Missverständnisse klären, sich anbahnende Konflikte frühzeitig erkennen und dafür Lösungen finden, loben und motivieren. Doch warum fällt es uns häufig so schwer, Feedback zu geben? Warum finden wir oft keine angemessene Formulierung für das, was wir eigentlich dazu sagen wollen?

Feedback ist ein gängiges und oft genutztes Instrument und doch gibt es zahllose Unklarheiten und Unsicherheiten rund um dieses wertvolle Tool. In beinahe allen Seminaren und Workshops wird auf Feedback eingegangen und zum Bestandteil von Kommunikation und Zusammenarbeit gemacht. Doch oft fehlt es schon an den Rahmenbedingungen, damit es überhaupt so wirksam sein kann, wie es ist.

Für viele ist Feedback ein Schritt aus der Komfortzone. Für die, die es geben, und für die, die es nehmen. Wie drücke ich mich so aus, dass mein Gegenüber es auch konstruktiv nehmen und ich meine Wahrnehmung klar vermitteln kann, ohne ihn zu verletzten? Wenn Feedback nicht nur von „oben“, sondern auch „seitlich“ und von „unten“ fließen soll, braucht es vor allem die psychische Sicherheit, dass damit auch professionell umgegangen wird. Gibt es die nicht, wird auch das Feedback zum Fassadenschmuck, der unverbindlich und schwammig daherkommt, jedoch keinesfalls kritisch.

Worum geht es denn beim Feedback eigentlich?

Feedback ist eine Rückmeldung über die Wahrnehmung im Außen. Wie nehmen mich andere wahr in meinem Handeln, meinem Auftreten und in meiner Kommunikation. Warum ist das so wertvoll? Wir sind soziale Wesen. Und als solche sind wir abhängig von Rückmeldungen aus unserem Umfeld und unserer Umwelt. Haben wir die nicht, bekommen wir weder Bestätigung noch Kritik und sind gezwungen, nach eigenem Ermessen weiterzumachen. 

Natürlich können wir uns auf das verlassen, was wir selbst in anderen wahrnehmen oder wie die Reaktionen auf unser Tun und Lassen ausfallen, doch Klarheit verschafft uns das auf jeden Fall nicht. Ohne Rückmeldungen ist es wie auf einer Autobahn im Nebel zu fahren. Sehen wir weder Leitplanken noch vorausfahrenden Verkehr, tun wir gut daran, das Tempo zu verringern oder eben dafür zu sorgen, dass wir uns anhand von Reflexionen orientieren und so Sicherheit gewinnen.

Es gibt auch reichlich Ideen, wie Feedback aussehen und sein sollte. Oft wird Feedback so erklärt, dass es ausschließlich positiv sein sollte oder wenn schon etwas Kritisches dabei ist, man doch bitte mit etwas Positivem enden möchte. Hier wird Feedback bis zur Unkenntlichkeit verpackt, Hauptsache man tritt niemandem auf die Füße. Damit ist das Instrument dann unwirksam und damit überflüssig.

Feedback braucht Haltung

Ein konstruktives Feedback auf Augenhöhe beginnt mit der eigenen Haltung.  

“Ich bin o.k. – Du bist o.k.” schafft eine Ebene, auf der sich beide akzeptieren und respektieren – diese Haltung schafft auch Vertrauen und Wertschätzung. Sie trägt dazu bei, dass Feedbackgeber und Feedbacknehmer gemeinsam zu einer guten Lösung finden können und wollen. Häufig jedoch bewerten wir Situationen, Aussagen oder Verhaltensweisen als “richtig” oder “falsch”. Dabei sind wir meistens selbst nicht frei von einer verzerrten Wahrnehmung, Erwartungen oder sogar Interpretationen. Aus diesem Grund fällt es uns oft schwer, eine angemessene Formulierung für das zu finden, was wir eigentlich dazu sagen wollen. 

Feedback, das sollte grundsätzlich klar sein, ist etwas höchst Subjektives. Nämlich die Wahrnehmung von Menschen. Von Menschen, die geprägt sind, die ihre eigene Brille aufhaben, die im Inneren ihr ganz eigenes Erleben haben von dem, was wir ihnen anbieten. Natürlich kann das keine objektive Sicht sein. Das im Hinterkopf zu haben, ist schon ein ganz elementarer Teil. Und das ist schon mal gut zu wissen, bevor es überhaupt losgeht. Wie ist denn Feedback idealerweise gestaltet, damit es als Instrument überhaupt wirksam ist?

Die Wirksamkeit steht und fällt mit der Bereitschaft, Feedback annehmen zu können. Möchten wir jemandem eine Rückmeldung geben, ist es gut vorher zu klären, ob es erwünscht ist. Wenn nicht, kann ich noch klären, ob die Situation unpassend ist und dann vielleicht eine andere wählen. Ist es gar nicht gewünscht, nehmen Sie es nicht persönlich. Feedback ist ein Geschenk – dann behalten Sie es eben. Im Idealfall setzen wir Feedback zeitnah ein, damit ich selbst und meine Gegenüber noch einen Bezug zur angesprochenen Situation haben. Umso leichter lässt es sich einsortieren und verarbeiten. 

Feedback beschreibt unser Erleben und nur das. Wir dürfen in unserem Erleben nicht den Schritt in die Interpretation machen und formulieren, was unsere Gedanken aus dem Erlebten machen. Das ist bereits die Überschreitung einer sensiblen Grenze. Wir formulieren am besten aus unserer Perspektive und beschreiben, was wir erlebt haben und wie es auf uns gewirkt hat. Mit der Beschreibung aus der Ich-Perspektive geben wir dem Gegenüber Raum. Versetzen wir uns kurz in die Situation, in der wir mit „Du hast….Du machst…Immer tust Du….“ konfrontiert werden, drückt einen das gegen die Wand. Was bleibt ist Flucht oder Gegenangriff. 

Geben wir Raum, öffnet das Türen und wer das Feedback empfängt, ist in der Lage, damit zu arbeiten. Möchte ich so wahrgenommen werden oder nicht? Was kann ich kontextbezogen anders machen? Und so weiter. Auseinandersetzung ist möglich. Was fehlt noch? Die wohl kürzeste Definition von Feedback ist Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch. Und manchmal braucht es noch nicht mal einen Wunsch. Wenn wir uns diese Wahrnehmungen regelmäßig gegenseitig eröffnen, ist schon ganz viel gegenseitiges Verständnis und lernen über uns selbst möglich.

Was gehört also dazu:

Bereitschaft erfragen, Situation schildern, eigene Wahrnehmung, eigene Wirkung und wer möchte, was würde ich mir stattdessen wünschen.

Eine kurze Selbstreflexion kann dabei unterstützen, innere Klarheit zu gewinnen. Folgende Fragen können hierbei unterstützen:

  • Was habe ich wahrgenommen?
  • Welche Reaktion hat diese Wahrnehmung in mir ausgelöst? 
  • Welche positiven oder negativen Emotionen hat die Situation in mir ausgelöst?
  • Wie habe ich das Erlebte bewertet?
  • Was habe ich dazu zu sagen? Warum ist es mir wichtig, dazu etwas zu sagen?
  • Wie denke ich generell über die Person? Wie ist meine Haltung ihr gegenüber?
  • Kann ich Fakten von Interpretationen unterscheiden?

Joseph Luft und Harry Ingham, die Schöpfer des JoHari-Fensters beschreiben in ihrem Modell vier unterschiedliche Sektoren unserer Persönlichkeit. Markant daran ist, dass sich mit Feedback die Bereiche der Ungewissheit und Unsicherheit verkleinern und die mit Klarheit und Selbstsicherheit vergrößern. Das eröffnet uns neue Welten in der Zusammenarbeit und vor allem über uns selbst.

Damit das Instrument Feedback noch bewusster eingesetzt werden kann, ist noch wichtig zu erwähnen, was es nicht ist. Feedback ist nicht der Auftakt zu einer Diskussion. Fühlen sie sich als Empfänger nicht verleitet, sich zu erklären oder zu rechtfertigen, so schwer das auch manchmal fallen mag. Es gibt Feedback, das mehr über den Sender, als über den Empfänger aussagt. Ganz oft dann, wenn es Interpretationen und Verallgemeinerung enthält. Auch hier ist es ratsamer, sich zu bedanken und seiner Wege zu gehen. Feedback soll auch keine Ausweichmöglichkeit zur einseitigen Konfliktklärung sein. Auch da steht es frei, das Feedback nicht anzunehmen. Wer die Variante Wunsch wählt, darf sich vorher gerne hinterfragen, ob das Feedback nicht in Wirklichkeit ein schönes Gewand für einen ungefragten Ratschlag ist.

Ganz oft liegt in manchen Feedbacks das Geschenk erstmal verborgen. Ich habe nicht selten in den Feedbacks, die ich spontan verteufelt habe, die größten Geschenke entdeckt. Es lohnt also, damit erstmal ein paar Schritte zu laufen und sich Zeit zu nehmen, die Dinge wirken zu lassen. Sie bekommen selbst zu wenig Feedback? Kein Problem, fragen Sie danach!

  • Wie empfinde ich die Feedback-Kultur im eigenen Unternehmen?
  • Wie würde es aussehen, wenn ich meine ganz eigene Feedback-Kultur einführe?
  • Wodurch würde sie sich auszeichnen und was würde andere animieren, mir zu folgen?
  • Was hätte ich gerne selbst als Feedback und wem würde ich genau das gerne selbst geben?

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