Evolution in der Unternehmensführung

Im Energie durch Entwicklung MAGAZIN 2-2017 haben wir uns im Artikel „UND WAS KOMMT DANN? Integrale evolutionäre Organisation als mögliches neues Organisationsmodell“ bereits mit dem Thema der Evolution befasst. Dabei ging es vor allem um die Evolution menschlicher Organisationsformen. Der Fokus liegt auf den gesellschaftlichen Veränderungen. In diesem Artikel soll der Fokus auf die Unternehmer*innen und das einzelne Unternehmen gerichtet werden. Dabei sind zwei Aspekte wichtig:
1. Die Definition von Evolution als Sonderform von Entwicklung sowie
2. Die absolute Notwendigkeit von Evolution als Voraussetzung für Zukunftsfähigkeit. Beginnen wir mit der Begriffsklärung „Evolution“ im Kontext von Unternehmer*innen- und Unternehmensentwicklung.

Unter Evolution wird in der Regel der Kreislauf von Replikation, Variation und Selektion verstanden. D.h. etwas wird kopiert bzw. nachgebaut (Replikation) – Varianten davon werden entwickelt (Variation) und die beste Variante wird zur weiteren Verwendung ausgewählt (Selektion). In diesem Zusammenhang wird häufig der Ausdruck „Survival of the fittest“ verwendet (dt.: nur die Fittesten überleben).

Im wirtschaftlichen Kontext findet Evolution zum Beispiel dadurch statt, dass freie Märkte eine Selektion unter konkurrierenden Produkten oder Produktionsverfahren fördern und sich so effizientere Verfahren gegen ineffizientere Verfahren durchsetzen. Doch das ist nicht der einzige Aspekt.

Unternehmen finden sich heute in turbulenteren, komplexeren und dynamischeren Zeiten als je zuvor. Die Rahmenbedingungen verändern sich seit einigen Jahren massiv. Die bisherigen Erfolgsstrategien von Unternehmen stammen allerdings aus einer anderen alten Zeit, in der Komplexität kaum vorhanden war. Daher sind die Organisations- und Führungsstrukturen heute meist nicht mehr wirkungsvoll, es kommt zu Frustration und Dysfunktionalität bei Führungskräften und Mitarbeitern gleichermaßen.

Im Rahmen dieser sich verändernden Rahmenbedingungen ist also ein neuer evolutionärer Schritt für Organisationen und Führung essenziell. Ein Einfaches „hier und da ein bisschen anpassen“ reicht nicht, um mit den Herausforderungen der neuen Zeit umgehen zu können. Es braucht ein fundamental neues Denken, eine neue Haltung und Einstellung aller Beteiligten, die viel mehr sinn- und leistungsorientiert ist als je zuvor. Durch dieses radikal neu denken ist die Gefahr eines Rückfalls geringer, da hier eine „Transformation“ stattfindet. Im Gegensatz zur einfachen Entwicklung werden alte Muster und Strukturen hier vollständig aufgegeben und durch neue Muster und Strukturen ersetzt, die den neuen Anforderungen deutlich gerechter werden.

Es gibt Unternehmen, die im Rahmen ihrer Versuche, sich zu entwickeln, immer wieder neue Organisations-Formen, Management-Methoden und Konzepte einführen. Oft spielt hier blinder Aktionismus eine genauso große Rolle, wie Berater, die keinen ganzheitlichen und systemischen Blick auf Organisation haben. Bei jeder Einführung einer neuen Struktur wird hier aber meist vergessen, die alte Struktur zu entsorgen, stattdessen wird sie bewahrt. Das führt oft dazu, dass Unternehmen gleichzeitig in Business Units gegliedert sind, eine Prozessorganisation pflegen, in einer Matrix arbeiten und parallel eine Projektorganisation vorhanden ist. 

Entscheidungsprozesse sind oft in dicken Handbüchern (die oft Datengräbern gleichkommen) detailliert beschrieben, aber niemand hat Zeit, sich das alles durchzulesen. Im Zweifelsfall werden diese Entscheidungsprozesse ohnehin über den Haufen geworfen und nach dem guten alten Hierarchie-Prinzip entschieden. Mitarbeiter aber auch Führungskräfte fühlen sich durch diese Mannigfaltigkeit an Methoden und Strukturen überfordert, sie verlieren Orientierung und Souveränität.

Würden diese Unternehmen dem Evolutions-Prinzip folgen, müssten sie alte Organisations-Formen, -Strukturen, Methoden und Konzepte, die für sie nicht mehr funktional sind, komplett ersetzen, d.h. stoppen, damit aufhören. Wenn sich Unternehmen und Unternehmer für ein neues Konzept entscheiden, sollte das alte Konzept dadurch ersetzt werden, nicht erweitert. Hierfür braucht es allerdings viel Mut und Klarheit!

Warum ist Evolution also absolute Notwendigkeit für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen? Durch mehr vom Alten kann nichts Neues entstehen. Neue Situationen brauchen neue Herangehensweisen. Die neuen Anforderungen von Kunden, die sich zum Beispiel durch die technischen Innovationen ändern, können nur durch völlig neu gedachte Produkte und Dienstleistungen befriedigt werden.

Zum Beispiel die Entwicklung der Smart-Home-Technologie führt zu völlig neuen Ansprüchen von Konsumenten bei klassischen Haushaltsgeräten wie Kühlschrank oder Waschmaschine. Als Hersteller von Waschmaschinen diese einfach nur im Design, ihrer Reinigungsleistung oder geringem Wasserverbrauch weiterzuentwickeln wird mittelfristig dazu führen, dass die Umsätze des Unternehmens dramatisch zurückgehen werden, die Existenz des Unternehmens könnte bedroht sein. Wenn sich der Waschmaschinenhersteller allerdings damit auseinandersetzt, welche Anwendungsansprüche die Kunden heute und in Zukunft haben, dann kann das Produkt Waschmaschine völlig neu gedacht werden. Samsung begegnet dem sich ändernden Lebensstil und –gefühl seiner Kunden mit Funktionen wie „AddWashTM“, zusätzliche Wäsche kann auch im laufenden Waschmaschinenbetrieb noch hinzugefügt werden. Dadurch werden Kunden von dem Zwang befreit, sich im Vorfeld zu überlegen, was gewaschen werden soll – Individualität und persönliche Entfaltung werden weiter gefördert. Andererseits wird diese Funktion dem schnelleren Lebensstil gerecht. „Mist, habe ich in der Hektik vergessen!“ ist kein Problem mehr.

Unternehmer und Unternehmen, die sich diesem neuen Denken von Produkten und Dienstleitungen versperren, werden es in Zukunft schwer haben zu überleben. Das neue Denken von Produkten und Dienstleistungen bedingt gleichzeitig auch neue Formen von Organisationsstruktur, Management-Konzepten, Projektmanagement, Kommunikation und Führung. Um zukunftsfähig zu bleiben, braucht es also vor allem unternehmerischen Mut des Unternehmers, dass Unternehmen auf neue, bisher noch unbekannte Wege zu führen und alte, nicht mehr funktionale Methoden und Strukturen vollständig loszulassen.

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