Aus Fehlern lernen – auf dem Weg zur neuen Lernkultur

Fehler machen, beleuchtet nur die eine Seite – aus Fehlern lernen die andere. Victoria Beckers widmet sich der Frage, wie sich gemeinsam im Team eine Lernkultur aufbauen lässt.

Wir alle sind geprägt durch unser Schulsystem, in dem mit strengem Rotstift das „Richtig“ vom „Falsch“ genau unterschieden worden ist. Auch im Elternhaus spielte das Richtigmachen und das Falschmachen oft eine große Rolle. Diese Prägung in der Kindheit hat uns bis ins Erwachsenenalter so konditioniert, dass Fehler als etwas Makelhaftes, als Missstand oder sogar als schuldhafte Missetat betrachtet werden. Und von der Schuld zur Schuldzuweisung ist es dann nicht mehr weit. Aber ist das wirklich richtig? Warum einen Fehler nicht als Chance sehen? Warum nicht mit mehr Lust ans Lernen gehen?

1. Fehlerkultur oder Lernkultur?

Wann ist ein Fehler eigentlich ein Fehler? Von einem richtigen Fehler lässt sich nur dann sprechen, wenn mutwillig oder mehrfach in falsche Bahnen gelenkt wird. Passiert jedoch ein Fehler, wenn Dinge ausprobiert werden und der Versuch missglückt, dann handelt es sich um einen Irrtum oder ein Versehen.

Lassen Sie mich ein Plädoyer abgeben für mehr Lust am Lernen. Denn Fehler dürfen passieren – damit wir daraus lernen. Oder um es anders auf den Punkt zu bringen: Einmal einen Fehler machen ist völlig in Ordnung. Passiert der gleiche Fehler ein zweites Mal, ist ein grübelndes „Hmmm“ angebracht. Erst ab dem dritten Mal wird es zu einem echten Fehler – weil der notwendige Lerneffekt nicht eingetreten ist.

Völlig schuldfrei ist jedoch zu bewerten, wenn Dinge ausprobiert werden, wenn es um ein Experiment geht. Wenn es klappt, ist es gut, wenn es nicht klappt, ist es auch gut. In der Regel sind nicht alle Unternehmensbereiche in allen Aspekten extrem kritisch, wenn mal ein Fehler passiert. Im OP oder der Notaufnahme ist es was anderes. In den meisten Abteilungen findet aber ja keine OP am offenen Herzen statt, hier stehen keine Chirurgen im Operationssaal, wo es gleich um Leben und Tod geht. In der Regel braucht es also keine Panik, versehentlich einen Fehler zu machen. Stattdessen sollte Raum sein für die Lust am Explorieren.

Denn nur so können sich Innovationen entwickeln. Bestimmt kennen Sie die Geschichte von Edison und den vielen Versuchen, bis er die funktionierende Glühbirne entwickelt hatte. Oder denken Sie an ein Kleinkind bei seinen ersten Gehversuchen: Wie oft wird es hinfallen und wie oft muss es wieder aufstehen, bis es klappt mit dem Stehen und Gehen?

Seien wir doch ehrlich: Wenn wir beim ersten Mal aufgegeben hätten, dann hätte kaum einer von uns jemals gelernt auf beiden Beinen zu stehen und zu laufen. Gleich beim ersten Mal aufgeben, ist falsch. Genauso falsch wie die Konditionierung aus der Schulzeit und den Glaubenssätzen von Fehlern und Scheitern, die wir seit frühen Jahren mit uns herumtragen.

2. Eine Lernkultur im Team einführen

Um in einem Team eine Fehlerkultur in eine Lernkultur zu verwandeln, braucht es vor allem eines: Vertrauen. Das Vertrauen, dass keiner im Team absichtlich einen Fehler machen wird, ist eine wichtige emotionale Voraussetzung, um gemeinsam als Team weiterzukommen.

Der nächste wichtige Punkt ist eine Vereinbarung über gegenseitiges Feedback. Nur wenn Feedback konstruktiv zu verstehen ist, wird es funktionieren. Es darf nicht nach einem Verursacher oder nach einem Schuldigen gesucht werden – denn sonst passieren Fehler aus Angst! Und dann entsteht schnell eine Angstschleife: Wer Angst haben muss, einen Fehler zu machen, verkrampft sich so, dass ausgerechnet dadurch ein Fehler passiert.

Stattdessen muss aus einer Angstschleife eine iterative Lernschleife entstehen. „Was lehrt uns das?“, ist im Team zu fragen. Und statt zu fragen, wer etwas „verbockt“ hat, müsste die Frage lauten, warum oder aus welcher Ursache etwas schief gegangen ist. Ein Team muss gemeinsam wegkommen von der Schuldfrage: Statt „du hast“ müsste es heißen „wir haben“ etwas nicht richtig gemacht.

3. Lernen als fester Bestandteil der Teamkommunikation

Zu empfehlen wäre, die Lernkultur zu einem festen Bestandteil der Teamkommunikation zu machen. Im Idealfall kommt als fester Punkt auf die Agenda oder wäre im regelmäßigen Jour Fixe zu fragen: „Was habe ich bzw. was haben wir diese Woche gelernt?“.

Natürlich wird es nur selten große Erkenntnisse oder geniale Geistesblitze geben. Aber auch wenn es keine großen Erkenntnisse sind, dann ist vielleicht eine wissenswerte Kleinigkeit in der Woche aufgetaucht. Vielleicht ein Work Hack oder ein Excel Hack oder etwas in der Art. Oder vielleicht haben Sie etwas im Gespräch über einen Kunden erlebt oder erfahren, das wichtig fürs weitere Verständnis sein könnte.

Wichtig ist dieses gemeinsame Entwickeln. Regelmäßig im Austausch untereinander sein und sich gegenseitig über Erlebtes und Gelerntes zu berichten. Die Lernkultur gemeinsam im Team auf- und ausbauen, sich Vertrauen schenken, sich gegenseitig mitziehen.

Haben Sie Mut. Und muten Sie anderen Mut zu!

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