Selbstführung – als Führungskraft stark sein

INTERVIEW MIT PETRA BASLER
ZU IHREM COACHING ZUR SELBSTFÜHRUNG

Als Professional Certified Coach der International Coach Federation und Ex-Bankerin hat Petra Basler in mehr als 30 Jahren umfangreiche Berufserfahrungen gesammelt, die heute das Fundament ihrer Coachingarbeit bilden. Seit 2001 ist sie als Coach und Beraterin auf die Bereiche Führung, Veränderungsmanagement, Resilienz und persönliche Entwicklung spezialisiert. Als Expertin sowohl für Einzel- als auch für Teamcoaching unterstützt sie Führungskräfte dabei, ihre persönlichen Ziele zu erreichen.

Um täglich Top-Ergebnisse liefern zu können, müssen Menschen in diesen Positionen in der Lage sein, permanent Bestleistungen abzurufen. Diese Herausforderungen sind nur dann kontinuierlich zu leisten, wenn sie ihre Führungspersönlichkeit und Managementkompetenzen in einem sehr hohen Maß entwickelt haben, so dass dadurch größtmögliche Wirkung erzeugt werden kann.

Dabei ist Selbstführung eine der zentralen Kernkompetenzen, die Führungskräfte der heutigen Zeit brauchen, um erfolgreich zu sein. Selbstführung bedeutet, sich über die eigenen Gedanken, Gefühle und Handlungen bewusst zu sein und diese aktiv steuern zu können. Nur so kann es gelingen, aus eingefahrenen und unreflektierten Automatismen auszubrechen, erfolgreich Ziele zu erreichen und Zusammenarbeit effektiv zu gestalten.

Im Interview berichtet Petra Basler von ihren Erfahrungen und gibt viele praktische Tipps und Hinweise zum Thema Selbstführung.

Liebe Petra, in Deinem Coaching fokussierst Du Dich stark auf Selbstführung und Resilienz – was fasziniert Dich dabei?

Selbstführung und Resilienz ist etwas, das mich persönlich umtreibt. In meinen ersten Berufsjahren habe ich im Konzernumfeld einer Großbank gearbeitet und erlebt, welche Auswirkungen es auf Teams hat, wenn Führungskräfte zu einer Selbstführung nicht in der Lage sind, wenn sie ihre Mitarbeitenden nicht adäquat führen.

Was sind denn die Auswirkungen?

Zum einen wirkten viele Entscheidungen auf das Team sehr intransparent, was natürlich das Verständnis für die gestellten Aufgaben nicht gerade erhöht. Häufig waren die Führungskräfte auch nicht in der Lage, die Menschen nach ihren tatsächlichen Talenten und Fähigkeiten einzusetzen. Das macht es natürlich schwer, vorgegebene Ergebnisse zu erreichen.

Wie bist Du damit umgegangen?

Ganz einfach: Ich bin gegangen. Nachdem ich ungewollt gelernt hatte, wie es überhaupt nicht geht, wollte ich lernen, wie es besser geht. Und das mit dem festen Wunsch, in diesem Bereich für Verbesserungen zu sorgen und für Mitarbeitende etwas mehr Leichtigkeit reinzubringen.

Also habe ich zunächst eine Trainerausbildung absolviert und anschließend verschiedene Coaching-Ausbildungen draufgesattelt. Seit 20 Jahren bin ich nun zertifiziert nach den hohen Standards der International Coaching Federation (ICF). Seitdem coache ich Führungskräfte unter anderem darin, wie sie ihre Rolle als Führungskraft besser umsetzen und so mit ihrem Team „mehr PS auf die Straße bringen“. Mein Fokus liegt dabei auf Einzelcoachings, vor allem zu Themen, die bei Energie durch Entwicklung in Workshops erarbeitet wurden.

Wie ist dabei Deine Vorgehensweise?

Ich habe für mich ein eigenes Coaching-Konzept entwickelt, das ich M.U.T. genannt habe und das sich an das Wachstum in der Natur anlehnt.

Das M steht dabei für Motivation, übertragen auf ein Samenkorn, das im Boden schlummert, wäre das das inhärente Ziel zu keimen und zu werden. Das U meint die Umsetzung, also die Phase, wenn das Samenkorn die Erde durchbricht. Und das T steht für die Tatkraft, wenn die Pflanze weiterwächst, wenn sie ihre größte Wirksamkeit entfaltet, Früchte bildet und zur Reife bringt, bevor nach dem Winter ein neuer Wachstumszyklus beginnt.

Das klingt sehr berührend …

Ja, denn es hat schließlich auch viel mit unserem Inneren zu tun. In unserer VUKA-Welt der Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität sind wir als Menschen stärker denn je gefordert. Daher ist vor allem die Frage, wie ich es schaffe, in der heutigen Welt stark und widerstandsfähig zu sein, ohne zu zerbrechen und im Idealfall sogar noch zu wachsen.

Ist das fürhrungskräfte besonders herausfordernd?

Aus meiner Erfahrung ist es gerade für Führungskräfte schwer, denn sie brauchen viel innere Kraft, um mit diesen Themen umzugehen. Damals in der Bank habe ich keine gute Führung erlebt, es gab Führungskräfte, die haben ihre schlechte Laune an ihren Mitarbeitenden ausgelassen. Führung heißt aber, mit gutem Beispiel voranzugehen, für Klarheit und Energie zu sorgen. Deshalb ist im neuen „Entwicklungsmodell zukunftsfähiger Organisationen©“ der Faktor Selbstführung als Metakompetenz enthalten.

Was ist Selbstführung denn genau?

Das ist eine richtig gute Frage. Der eine denkt dabei an gutes Zeitmanagement, dass Dinge diszipliniert und pünktlich erledigt werden, aber das ist zu kurz gegriffen. Der andere versteht darunter eine gewisse Härte sich selbst gegenüber, dass man sich an die Kandare nehmen kann. Genau das meint es aber auch nicht.

Aus meiner Sicht gehören vor allem zwei Komponenten zu einer guten Selbstführung: Das ist zum einen eine gute Selbstwahrnehmung, also die Frage, wo stehe ich, wie geht es mir. Und zum anderen ist es eine gute Selbststeuerung: Statt zu entgleisen und herumzubrüllen, braucht es hier eine gute Verbindung zu sich selbst, um auch in Stresssituationen ruhig und gelassen zu reagieren. Daher arbeiten wir zuerst an der Selbstwahrnehmung, bevor es in die Phase der Selbststeuerung geht.

Wie gehst Du dabei vor? Was machst Du, wenn ein Klient sagt, er/sie hat Schwierigkeiten mit Mitarbeitenden, er/sie aber gleichzeitig ein Problem hat, wie beispielsweise eine fehlende Selbstbeherrschung, die er selbst nicht wahrnimmt?

Es ist tatsächlich so, dass es häufig einen Unterschied gibt zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung: Wir nehmen uns oft ganz anders war als unser Umfeld uns erlebt. Es gehört auch Mut dazu, sich solche Eingeständnisse zu machen und sich selbst offen zu analysieren.

Hier kommt uns unsere Zusammenarbeit im Energie durch Entwicklung Team zugute, denn durch die Kolleginnen und Kollegen haben wir die Möglichkeit, auch in Gruppencoachings mit Teams zu arbeiten. So haben wir dann auch die Gelegenheit, die Führungskräfte in Interaktion mit ihren Teams zu erleben und so eine noch spezifischere Analyse vornehmen zu können.

Ansonsten läuft ein Coaching eher über Analysen und Zielvereinbarungen. Wenn ein Klient beispielsweise sagt, das Team folgt ihm nicht, da ist kein Durchkommen mehr, dann würden solche konkreten Situationen durch Gespräche genauer reflektiert, um daran die Ziele auszurichten.

Wichtig sind auch die sieben Wirkungsfelder der Selbstführung, die in unserem Energie durch Entwicklung Selbstführungs-Modell dargelegt sind. Wie im „Entwicklungsmodell für zukunftsfähige Organisationen©” sind auch in unserem Selbstführungs-Modell verschiedene Faktoren vorhanden, die sich wechselseitig beeinflussen. Im konkreten Fall würde man nun schauen, welche Punkte relevant sind.

ttest Du da ein Beispiel aus der Praxis?

Ja, gerne. Vor einiger Zeit hatte ich eine Klientin, die ihren Job überaus ernst genommen hat, die sich jahrelang keine Pause und schon gar keinen ungestörten Urlaub gegönnt hat – bis sie an einen Punkt kam, wo sie spürte, dass ihr die Kraft und die Energie verloren gehen. Ihr berufliches Umfeld war hochkomplex geworden, mit sehr vielen Change-Prozessen, sie fühlte sich unter Druck, 24/7 erreichbar zu sein. Gleichzeitig war die Unternehmenskultur geprägt von der Angst etwas zu sagen; niemand traute sich, aus der Deckung herauszukommen.

Im Coaching hatten wir als Ziel festgelegt, einen vernünftigeren Umgang mit der eigenen Arbeitszeit anzustreben, einen Urlaub, der 24/7 Urlaub ist, und vor allem auch eine Stärkung der eigenen Position, so dass es der Klientin möglich wäre, eigene Ecken und Kanten zu zeigen. Aus dem Modell haben wir zusätzlich noch drei Aspekte als relevant bestimmt und anhand dieser Punkte den weiteren Prozess entwickelt.

Welche drei Punkte waren das in diesem Fall?

Erstens die Akzeptanz, also den inneren Widerstand aufzugeben und die Fähigkeit zu entwickeln, mit den Dingen klarzukommen, auf die man keinen Einfluss hat. Akzeptanz heißt dabei aber nicht, mit allem einverstanden sein zu müssen, es geht dabei nur um einen abgeklärteren Umgang damit, denn: Wenn eine Person zu stark im inneren Widerstand ist, kann sie nicht richtig „durchatmen“ und ist damit auch nicht richtig handlungsfähig.

Das klingt einleuchtend. Was war der zweite Punkt?

Der zweite Punkt war die positive Grundhaltung, also quasi die innere Einstellung oder das Mindset. Meiner Klientin war deutlich geworden, dass ihr auch deshalb das Delegieren schwerfiel, weil sie nicht genug Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Mitarbeitenden hatte. Also haben wir hinterfragt, welcher innere Antreiber dahintersteckt, und in diesem Fall wurde schnell klar, dass es ein Hang zum Perfektionismus war. Im Coachingprozess ging es nun darum, das Vertrauen in die Mitarbeitenden aufzubauen, um gelöster mit dem Delegieren umgehen zu können.

Wobei es nicht nur um Vertrauen ging, sondern auch um Mut: Endlich einmal loslassen und eine Person als Vertretung bestimmen, die – ohne dass man sich einmischt! – wichtige Aufgaben übernimmt, auch wenn man selbst nicht da ist.

Und der dritte Punkt? Worum ging es dabei?

In diesem Punkt ging es um die innere Balance: Auch wenn es eine Binsenweisheit ist, aber jeder Mensch setzt sich zusammen aus Körper, Geist und Seele. Damit das alles in Balance bleibt, braucht es guten Schlaf und gute Ernährung, regelmäßige Bewegung oder Sport und vor allem auch hin und wieder erholsame Auszeiten. Diese Dinge, um das eigene Selbst zu stärken, sind aus meiner Sicht unverhandelbar!

Also bekam meine Klientin die regelmäßige Hausaufgabe, diese Faktoren zu stärken und sich vor allem bewusst um kleinere und auch größere Auszeiten zu kümmern. Und wenn es nur ein Kaffee ist mit dem Blick ins Grüne und dabei die Gedanken schweifen lassen. Meine Klientin hat dann entdeckt, wie gut es ihr tut, mit eigenen Händen etwas zu erschaffen und so hat sie angefangen mit Handarbeiten, was ihr nach einigen Anläufen am Ende sehr schöne Erfolgserlebnisse bereitet hat.

Also führte das Coaching zu einem Erfolg?

Ja, im Ergebnis hat es die Klientin geschafft, sich im Beruf mehr Freiräume zu schaffen. Dafür brauchte es ein klares Standing, was durchaus herausfordernd für sie war. Diese selbst erarbeiteten Freiräume hat sie genutzt, um sich endlich einen störungsfreien Urlaub zu gönnen. Zurück im Alltag hat sie den Freiraum aber auch genutzt, um mehr Zeit für sich zu haben, zu kulturellen Veranstaltungen zu gehen, neue Impulse und neue Ideen zu bekommen – und damit auch frische Energie. Um auf das Bild des Samenkorns zurückzukommen: Sie hat es geschafft, aus sich heraus etwas Neues zu entwickeln, es zum Wachsen zu bringen und am Ende die Ernte einzufahren.

Wie lange dauert eine solche Zusammenarbeit? Wie lange dauert es, bis sich Erfolge einstellen?

Das ist ganz unterschiedlich und abhängig vom Ziel. Es gibt insgesamt drei Komponenten, die hier eine Rolle spielen: A) das Denken oder das Mindset, B) das Verhalten und C) die Kommunikation. In den ersten Gesprächen schauen wir alles an und die Klientin oder der Klient sagt, was sich verändern soll. Im Lauf der nächsten Wochen konzentrieren wir uns auf einzelne Aspekte. Ich gebe auch immer kleine Hausaufgaben mit auf den Weg, zum Beispiel etwas zu verändern in der Art, wie ich mich präsentiere. Unser Gehirn ist wie ein Muskel, es braucht ein Training, damit sich bestimmte Fähigkeiten entwickeln und nur durch das Üben und Trainieren kommt es zu einer Veränderung. In der Regel dauert ein Coachingprozess daher rund ein halbes Jahr.

Was ist aber, wenn ein Coachee doch wieder in alte Muster verfällt?

Auch das kommt vor, dass Coachees hin und wieder in alte Muster zurückfallen. Das ist ein typischer Fall dieses Prozesses. Wenn unser Gehirn ein bestimmtes Verhaltensmuster nicht oft genug eingeübt hat, kann es sein, dass ein altes Verhaltensmuster wieder zum Vorschein kommt. Als Coach ist daher meine Aufgabe, nicht nur nach Abschluss der Zusammenarbeit für weitere Rückfragen zur Seite zu stehen, sondern auch während des Prozesses dafür zu sorgen, an den Entwicklungsschritten dranzubleiben. In der Regel schaut man, welche Gedanken, welche Bedürfnisse, welche Antreiber hinter einem Rückfall steckten, dann kann man es beim nächsten Mal gezielt anders machen.

Vielen Dank für das Interview, gäbe es zum Schluss noch etwas zu sagen?

Vielleicht als kurzes Fazit: Es ist wichtig zu erkennen, was alles in einem drinsteckt, das ist, als ob sich ein Nebel lichtet und frische Sonnenstrahlen zum Vorschein kommen. Oder wie eine andere Klientin einmal gesagt hat, sie habe „die Gewinnerin in sich“ wiederentdeckt. Ich versuche meinen Klientinnen und Klienten die Fähigkeit mitzugeben, mit schwierigen Situationen wieder besser umzugehen. Und wenn ich dann einige Zeit nach dem Abschluss höre, wie sie wieder neue Energie gespürt haben und ins Machen gekommen sind – dann geht mir selbst auch ein Stück weit das Herz auf!

Vielen Dank für das Interview!

Energie durch Entwicklung - Petra Basler Portrait

Als Professional Certified Coach der International Coach Federation und Ex-Bankerin hat sie in 30 Jahren umfangreiche Berufserfahrungen gesammelt, die heute das Fundament ihrer Coachingarbeit bilden. Seit 2001 ist sie als Coach und Beraterin auf die Bereiche Führung, Veränderungsmanagement und persönliche Entwicklung spezialisiert. Als Expertin sowohl für Einzel- als auch für Teamcoaching hat Petra Basler mehrere Jahre das Vorstandsteam des ICF Coachingverbandes begleitet.

Das Interview wurde geführt durch:

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