Prinzip Selbstverantwortung – Essentielle Grundlage für Transformation

Das schwerste am erwachsen werden ist, dass man für sich und sein Handeln die Verantwortung übernehmen muss. Doch warum fällt es vielen Erwachsenen so schwer, diese Verantwortung wahrhaftig zu übernehmen?

Oft hängt dies mit den Erfahrungen zusammen, die wir in unserer Kindheit gemacht haben. Haben wir als Kind etwas ausgefressen, zum Beispiel das Fenster des Nachbarn mit dem Fußball zerschossen und dieses Missgeschick zugegeben, dann mussten wir uns einen elterlichen Vortrag über Unvernunft und Dummheit anhören und den Schaden von unserem Taschengeld wieder gut machen. Unsere Eltern bestraften uns durch Liebesentzug, Taschengeldkürzungen, Hausarrest oder sonstige Einschränkungen und Verbote. Unsere Ehrlichkeit, das Missgeschick zuzugeben, wurde bestraft. Also haben wir uns angewöhnt, anderen die Schuld für unser Versagen zu geben, wir wurden sehr erfinderisch, wenn es darum ging, die Erwachsenen von unserer Unschuld zu überzeugen.

Dabei waren unsere Eltern und die anderen Erwachsenen unsere Lehrmeister schlechthin, sie machten uns vor, wie man mit Notlügen durchs Leben kommt. Wir erlebten, wie sie auf dem Familienfest zu Tante Erna lieb und nett waren, aber zu Hause über sie lästerten. Wir hörten, wie sie am Telefon Einladungen mit der Begründung absagten, sie hätten schon was Anderes vor, obwohl sie einfach keine Lust hatten hinzugehen.

Als Erwachsene sind wir heute sehr schnell dabei, Andere für unsere Schwierigkeiten und Probleme verantwortlich zu machen. Angefangen beim Partner, den Kindern, den Eltern, den Kollegen, dem Chef, den Politikern oder der Digitalisierung, immer sind es die Anderen, die es einem schwermachen. Der häufige Verweis auf eine schwere Kindheit führt dazu, dass wir uns selbst in die Opferrolle begeben und uns unserem Schicksal ausliefern. Wenn es früher so schwer war, haben wir auch heute, als Erwachsene, kein Anrecht auf ein glückliches Leben. Schuld sind die Anderen.

Insbesondere im beruflichen Kontext erleben wir immer wieder Mitarbeiter aber auch Führungskräfte, die keine Verantwortung für sich und ihr Handeln übernehmen wollen. Sie schimpfen auf ihre Kollegen und Chefs, das neue IT-System oder das Unternehmen. Alles ist schlecht, aber sie würden ja nicht gefragt werden. Man hätte ja schon alles getan, würde sich aufopfern, aber es würde einem ja keiner danken. Daher hätte man sich dazu entschieden, nur noch Dienst nach Vorschrift zu machen und die Anweisungen genau zu befolgen, bevor man wieder etwas Falsches tut. Ob das, was man da tut, sinnvoll ist oder nicht, ist einem egal. Die Anderen sollen das mal schön entscheiden!

Dieses Verhalten haben wir sicherlich alle schon einmal erlebt, persönlich, bei Kollegen oder Freunden. Für Unternehmen ist das höchst gefährlich, denn es lähmt die Organisation, die Entwicklung und Innovationsfähigkeit von Unternehmen erheblich. Dabei liegen die Gründe für dieses Verhalten nur zum Teil in den Unternehmen selbst. Ein anderer wesentlicher Teil liegt auch in den Menschen, die in den Unternehmen arbeiten. Wie hoch ihr Maß an Selbstverantwortung ist, lässt sich in Vorstellungsgesprächen meist nur erahnen.

Verantwortung zu übernehmen bedeutet, dass wir das Beste aus dem machen, was wir mitbekommen haben. Als Erwachsene haben wir also die verantwortungsvolle Aufgabe, die Erziehungsfehler und Irrtümer unserer Eltern für uns selbst wieder auszumerzen. Wir müssen quasi von neuem eine Erziehung durchlaufen, die wir dieses Mal aber selbst in die Hand nehmen. Durch diese Selbsterziehung können wir auch eine schlechte Erziehung wieder ausgleichen. Als Erwachsene können wir lernen, negative Einstellungen, durch die wir uns das Leben unnötig schwermachen, durch eher positive lebensbejahende und hilfreiche Einstellungen zu ersetzen. Wichtig ist also nicht, was wir mitbekommen haben, sondern das, was wir damit anfangen.

Es sind nicht die Umstände oder die Vergangenheit, die über unser Glück oder Unglück entscheiden. Es ist unsere Einstellung, durch die wir darüber entscheiden, ob wir zu den „reichen“ oder „armen“ Menschen gehören. Wenn wir jedoch Anderen, unserer Vergangenheit oder den Umständen die Schuld für unsere Lage geben, dann machen wir uns zum Opfer anderer Menschen oder der Umstände.

Wie zufrieden wir mit unserem Arbeitsplatz sind, hat also auch ein ganzes Stück weit mit unserer Einstellung zu tun, und in wieweit wir bereit sind, eben die Verantwortung für uns und unser Tun zu übernehmen. Gehen wir die Dinge, die uns an unserem Arbeitsplatz stören, aktiv an oder leiden wir weiter still und heimlich vor uns hin? Treiben wir Entwicklungen und Veränderungen, vielleicht auch Innovationen aktiv voran oder warten wir ab, bis irgendjemand kommt und uns sagt, wie es zu gehen hat?

Was bedeutet es also, Verantwortung für sich und sein Handeln zu übernehmen?

  • Aufhören, Anderen, den Umständen oder unserer Vergangenheit die Schuld für unsere Probleme zu geben. Wenn wir genervt oder unglücklich sind, sind es unsere negativen Denk- und Lebenswesen, mit denen wir uns das selbst antun. Daher können nur wir etwas an unserem Unglücklichsein ändern. Je nach Unternehmensgröße und unserem Job im Unternehmen können wir die Rahmenbedingungen vielleicht nicht beeinflussen, aber es macht einen Unterschied, wie wir mit uns selbst und unseren Kollegen, Kunden und Lieferanten umgehen. Die Art und Weise, wie wir kommunizieren und uns verhalten macht einen großen Unterschied für uns und die Anderen.
  • Sich trauen, seine Wünsche und Bedürfnisse Anderen mitzuteilen und wenn möglich durchzusetzen. Oft hindern uns Unsicherheiten und Ängste, klar zu benennen, was wir brauchen. Wir erwarten dann von den Anderen, dass sie uns unsere Wünsche von den Augen ablesen. Tun sie dies nicht, sind wir enttäuscht. Wenn wir von unseren Kollegen, Mitarbeitern oder Vorgesetzten Informationen, Unterstützung oder eine bestimmte Leistung brauchen, sollten wir unsere Erwartungen aneinander und an die Zusammenarbeit klar formulieren und kommunizieren. Nicht klar kommunizierte Erwartungen sind schwer zu erfüllen und führen zu Enttäuschung auf allen Seiten. Dabei geht es nicht nur um das WAS, sondern auch um das WIE.
  • Entscheidungen treffen und bereit sein, die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, zu tragen. Das bedeutet, dass wir klar sagen, was wir möchten und was nicht. „Ist mir egal“ gibt es nicht mehr. Entscheidungen werden klar entschieden, nicht Tage, Wochen oder monatelang herausgezögert, aus Angst die falsche Entscheidung zu treffen. Keine Entscheidung zu treffen ist meist die schlechteste Entscheidung, denn es ist die Entscheidung für Stagnation und Stillstand. Wenn eine Entscheidung nicht zum gewünschten Ergebnis geführt hat, dann muss sie revidiert werden, aber immerhin wurde etwas getan und versucht. Im Rahmen einer konstruktiven Lernkultur in Unternehmen wird das verantwortungsvolle Lernen aus Missgeschicken proaktiv gefördert.
  • „Ich tue“ statt „man müsste“. Menschen, die Verantwortung übernehmen, gehen die Dinge konkret und praktisch an und verharren nicht in Konjunktiven. In jeder Situation muss sich ein jeder Mitarbeiter und eine jede Führungskraft eines Unternehmens fragen, was er oder sie in dieser Situation konkret und praktisch tun kann, um im positiven Sinne zu der jeweiligen Situation beizutragen. Dabei gilt es bei sich selbst anzufangen und nicht erst Bedingungen an Andere zu stellen, die zuerst ins Tun kommen müssen. An Maßnahmen wie zum Beispiel Verbesserung der Kommunikation oder der Zusammenarbeit müssen alle Beteiligten arbeiten und wirken, nicht nur einzelne.
  • Verantwortung übernehmen für ein menschliches Miteinander. Man muss nicht die Verantwortung für die Gefühle Anderer übernehmen, die macht sich jeder selbst, aber man trägt die Verantwortung dafür, respektvoll und angemessen mit anderen Menschen umzugehen. Wie heißt es im Volksmund so schön „Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“. Daher sollten wir so verantwortungsvoll mit unseren Kollegen, Kunden und Partnern umgehen, wie wir auch selbst behandelt werden möchten. Fairness und Respekt spielen hier eine ebenso große Rolle wie Disziplin und Vertrauen.

Wenn wir also anfangen, die Verantwortung für uns und unser Handeln zu übernehmen, werden wir uns unabhängiger fühlen, denn unser Wohlbefinden hängt nicht mehr von anderen Menschen und deren Willkür ab. Ich entscheide, wie ich mich fühle. Ich lasse mich nicht zum Spielball von Anderen machen. Auch bin ich in meinem Handeln nicht von Anderen und deren Zustimmung abhängig. Das heißt nicht, dass ich mich nicht an Spielregeln halte. Es bedeutet lediglich, dass ich keine falschen Hemmungen habe, das zu tun, was ich für richtig halte, auch wenn Andere mein Verhalten kritisieren. Dadurch gewinne ich Alternativen, denn wenn ich feststelle, dass etwas nicht so läuft, wie ich mir das wünsche, kann ich mir neue Wege und Möglichkeiten überlegen, um an mein Ziel zu kommen. Ich fühle mich dann nicht mehr als Opfer anderer Menschen oder der Umstände, sondern ich habe das Vertrauen in mich, das ich einen Weg finden werde, der an dem Hindernis vorbei an mein Ziel führt. Ich kann mich, wenn notwendig, durchsetzen. Ich resigniere nicht gleich, nur weil etwas nicht auf Anhieb gelingt.

Durch die Übernahme von Verantwortung für mich und mein Handeln gewinne ich also auch mehr Resilienz, Mut und Handlungsfähigkeit. Das ist eine gute Grundlage für Transformation und Zukunftsfähigkeit.

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