Der Generationenansatz unterteilt die Bevölkerung in sogenannte Generationen. Grundüberlegung dabei ist, dass eine Generation unter den gleichen Bedingungen aufgewachsen ist, den gleichen äußeren Einflüssen (Naturkatastrophen, Wirtschaftsrezessionen, politischen Ideen etc.) ausgesetzt war, die prägend für die Werteentwicklung und damit das Verhalten der jeweiligen Generation war. Auch, weil die Generationen sich bewusst oder unbewusst voneinander abgrenzen wollen. So werden heute in Deutschland in der Regel – nicht immer ganz trennscharf – folgende Generationen unterschieden:
Geburtsjahr Bezeichnung
1922 – 1955 Traditionals
1956 – 1965 Babyboomer
1966 – 1980 Generation X, auch Generation Golf, Turnschuh- oder Null-Bock-Generation
1981 – 1996 Generation Y, Millenials, Generation MayBe oder Generation Me
1997 – 2012 Generation Z, Generation Youtube, Generation R, Digital Natives
Generation Y: Die Bezeichnung Generation Y bietet die Analogie zum englischen Why = Warum, ein wesentliches Merkmal der Generation ist es immer wieder den Sinn zu hinterfragen. Für die Gen Y wird die Welt (noch wesentlich stärker als bei ihren Vorgängergenerationen) zum globalen Dorf: Internet und Billigflugreisen überwinden alle Distanzen. Die Systemdifferenzen sind weitestgehend überwunden. Sie wachsen auf in einem Umfeld der Globalisierung, des Klimawandels, von Naturkatastrophen (Tsunamis) mit durchschlagenden Effekten auf menschliche Technik und des aufkommenden Terrorismus (z.B. Terroranschlag am 11. September 2001). Sie wuchsen in dem Bewusstsein auf, dass keine finale Sicherheit existiert, dass der Wandel ihr Leben beherrscht. Auf der anderen Seite wuchsen sie relativ behütet, manche sagen sogar überbehütet, auf. Innerhalb der Familie wurden eher hierarchische Strukturen zugunsten der Mitbestimmung der Kinder aufgegeben. Die Eltern der Generation Y stammen überwiegend aus der Generation der Babyboomer.
Generation Z: Sie sind die wahren Digital Natives. Während die Gen Y noch eine überwiegend digitalfreie Kindheit erlebte, wächst die Generation Z im Umfeld von Smartphones, Tablets, WLAN auf. Die digitale Welt hat einen großen Anteil an ihrer Entwicklung. Simple Maths, Facebook, Instagramm, WhatsApp gehören ganz selbstverständlich zum Alltag und werden entsprechend auch in die Lern- und Arbeitswelt integriert. Unzweifelhaft ist, dass sie durch die Digitalisierung frühzeitig in Kontakt mit den großen Themen der Gegenwart kommen (z.B. Kündigung des Klimavertrages durch die USA, Vermüllung der Weltmeere, Dieselgate, Erstarken der Parteien am rechten Flügel, Europakrise). Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass sich die Generation wieder stärker als die vorhergehende politisch engagiert (FridaysForFuture). Hier weicht vielleicht die starke Ich-Zentrierung der Gen Y einer gestiegenen gesellschaftlichen Verantwortung, die vielleicht auch aus einem Stück Desillusionierung geboren ist. Die Gen Z wird auch als die Gen R = Realistisch bezeichnet. Die Eltern der Generation Z gehören vor allem zur Generation X und charakterisieren sich immer wieder durch eine Überbehütung ihrer Kinder (Helikoptereltern).
Was bedeutet das für das Arbeitsleben? Die folgende Tabelle zeigt die Unterschiede der Generationen auf:
Kriterium | Generation Y | Generation Z |
Führung | Möchte den offenen Dialog, die Zusammenarbeit mit dem Management. | Sucht ehrliche, moralisch integre Vorgesetzte, eher flache Hierarchien mit der Möglichkeit, selbstbestimmt zu arbeiten |
Karrierewunsch | Führung nicht so wichtig; eher Teamwork, flache Hierarchien. Besser interessante Erfahrungen als steile Karrieren. | Führung als Karriere wird kritisch gesehen: Warum Verantwortung für andere, längere Arbeitszeiten und entsprechende Beschwernisse auf sich nehmen? |
Feedbackerwartung | Direkt, sofort, am besten zeitgleich. | Direktes Feedback, soll ehrlich sein. |
Arbeitszeiten | Verschwimmen, Privates wird im Geschäft erledigt, geschäftliches zu Hause (wenn interessant). Modell: Vertrauensarbeitszeit / Work-Life-Blending. | Klar geregelt, verlässlich. Wenig Bedarf der Flexibilisierung Modell: Work-Life Balance. |
Vergütung | Einerseits hat sie hohe Bedeutung, andererseits steht aber immer noch der interessante Jobinhalt im Vordergrund. Gemessen werden soll am Ergebnis, nicht am AufwandModelle: Stellenbewertung, variable Vergütung. | Vergütung gewinnt an Bedeutung. Attraktives Fixum, ggf. entsprechende Zusatzleistungen. Ähnlich wichtig ist aber auch die Frage der Entwicklungsmöglichkeiten der Freizeit. Leistungslohn ist wenig attraktiv. |
Individuelle Lebensplanung | Kaum Gradlinigkeit, Meister der Improvisation. Es sind „Egotaktiker“, die die Lebensbereiche nach dem Nutzen für die eigene Person beurteilen. Richten sich stromlinienförmig auf den Erfolg aus. | Suche nach Sinn und Selbstverwirklichung im Privatleben. |
Berufliche Unabhängigkeit | Freude, Erfüllung und Anerkennung werden gesucht. Ablehnung von Reglementierungen und Hierarchien. | Angst vor Ausbeutung durch z.B. flexible Arbeitszeiten oder Home-Office. Wunsch nach Sicherheit und Planbarkeit. |
Der Generationenansatz ist durchaus auch kritisch zu betrachten. Die Aufteilung in Generationen ist auch umstritten. Denn so elegant und vordergründig einleuchtend die Konstrukte um die Generation auch sind, so muss man sich doch einiger wichtiger Kritikpunkte im Umgang mit diesen Konzepten bewusst sein:
Marketing-Prägung: Die Konzepte der Generation X, Y und Z sind griffig und eingängig, vielleicht auch, weil der Begriff Generation X auf dem Roman von Douglas Coupland basiert, wohingegen Generation Y von einer Werbezeitschift „Advertising Age“ geprägt wurde. In der Griffigkeit dieser Begriffe liegt aber auch die Gefahr, dass existierende Verhaltensvarianzen innerhalb einer Generation übersehen werden.
Inter- oder Intravarianz: Hier geht es um die Frage, ob die Varianz innerhalb einer Generation nicht vielleicht größer ist, als die Varianz zwischen den Generationen. Denn nicht nur die Zeit in der man aufwächst prägt Verhaltensweise, genauso die Frage des Umfeldes in dem man aufwächst. Rein nach Betrachtung der Geburtsjahrgänge und damit des Zeitraumes ihrer Entwicklung, wären Ossi Osbourne und Prinz Charles identisch. Daher arbeiten die Macher der Sinus-Studie auch mit „Lebenswelten“, die stärker auf die Unterschiedlichkeiten in einer Generation eingehen.
Theorie der Abgrenzung zwischen den Generationen: In der Entwicklungspsychologie wird die Abgrenzung zum Elternhaus als ein wichtiger Schritt in Richtung Entwicklung der eigenständigen Persönlichkeit, zur eigenen Identität gesehen. Daher spielt sie auch im Generationenkonzept eine wichtige Rolle. Es muss aber hinterfragt werden, ob diese Abgrenzungen für neue Generationen heute noch so möglich sind: Kinder hören (in Teilen) die gleiche Musik wie ihre Eltern, die großen ideologischen Systemkämpfe gehören der Vergangenheit an. Zum Teil kommt es sogar zu einer Rollenumkehr: So manches Elternteil ist bei der Bedienung seines Smartphones auf die gelegentliche Unterstützung seiner Kinder angewiesen. So besteht die Gefahr, dass mit immer feineren Antennen nach potenziellen Unterschieden gesucht wird, die aber im faktischen Leben kaum Bedeutung besitzen.
Erfahrungen im Arbeitsleben: Viele Erkenntnisse zur Generation Z basieren auf Befragungen aus der Schulzeit/Studium. Man darf wohl annehmen, dass der Eintritt in die echte Arbeitswelt hier die eine oder andere Sichtweise noch etwas verändert, relativiert oder verschärft. Aber die Entwicklung von Werten und Einstellungen ist ja nicht mit dem Ende der Schulzeit abgeschlossen.
Der Generationenansatz sollte daher stets reflektiert angewendet werden, in dem Bewusstsein, dass es sich um modellhafte Mittelwertbeschreibungen handelt, die Realität aber eine erheblich breitere Streuung aufweisen kann. Diese griffigen Bezeichnungen wie Generation X/Y/Z verleiten leicht dazu, einer Übertypisierung zu unterliegen, die letztlich Vorurteile schürt und dem Individuum nicht gerecht wird.