Interview mit Adrienne Quint über Leben und Arbeiten im Home-Office

Über 18 Mio. Menschen arbeiten aufgrund der Corona-Krise zusätzlich im Home-Office. Spätestens jetzt ist es an der Zeit, das Home-Office in unternehmerische Überlegungen zur Arbeitsplatzgestaltung mit einzubeziehen. Die Innenarchitektin und Einrichtungsexpertin Adrienne Quint, geschäftsführende Gesellschafterin der designfunktion Rheinland GmbH, im Interview mit Victoria Gerards zum Thema Home-Office.

Victoria Gerards: Adrienne, Du arbeitest selbst seit einigen Wochen vor allem im Home-Office. Wie hat das Deinen Blick auf das Thema Home-Office verändert?

Adrienne Quint: Das Ausmaß an Zeit aus dem Home-Office zu arbeiten hat sich verändert. Es ist ein viel höheres Maß an Zeit geworden und ich habe die Herausforderung, viel mehr Prozesse aus dem Home-Office zu steuern, die ich normalerweise eher im persönlichen Rahmen leisten würde, zum Beispiel das Onboarding neuer Mitarbeiter, kreative Prozesse oder die Optimierung von Arbeitsprozessen etc.

Außerdem bedingt die viele Zeit im Home-Office eine Optimierung des Arbeitsumfeldes. Es ist wichtiger geworden, dass ich mir einen geeigneten „Arbeitsraum“ für meine anlassbezogene Arbeit schaffe. Gemeint damit ist „Stillarbeit/Konzentration“ und „Telefon/Video Call“. Beides hat Konsequenzen für mein Umfeld und damit auch für die Menschen, die mit mir zuhause sind. Ich muss meine Arbeiten, die zu Hause anfallen und die für das Unternehmen, für das ich arbeite, strukturierter moderieren.

Welche Ideen haben sich daraus entwickelt?

Die Ideen, die sich daraus entwickelt haben, sind die, dass ich mich besser abgrenzen muss.

Bessere Abgrenzung für meine anlassbezogene Arbeit. Die Tagesplanung sieht anders aus als noch zu physischen Meeting-Zeiten. Ich habe lernen müssen, zwischen den Calls mehr Zeit einzuplanen, als ich es anfangs getan habe.

Mikropausen, die ich sonst zwischen Meetings, Kundenterminen, Ausarbeitungen automatisch hatte, in dem ich mich von einem Ort zum anderen bewegt habe, musste ich erst lernen fest einzuplanen, um nicht am Abend völlig erschöpft zu sein.

Zeiten für Stillarbeit bzw. Aufgaben, bei denen ich mich stark konzentrieren muss, lege ich auf eine mir selbstbestimmte Zeit am Vormittag und habe mir dafür einen Rückzugsraum geschaffen, an dem ich nicht gestört werde. Ich trage Kopfhörer, die auch für die anderen Personen im Haus signalisieren, ich bin nicht ansprechbar.

Was ist Deine Vision vom optimalen Home-Office?

Ein gut gestalteter Ort, an dem ich mich wohl fühle (Wo sitze ich? Worauf schaue ich? Wie sitze ich?). Ein gut ausgestatteter Arbeitsplatz, der mir ermöglicht z.B. Video Calls mit einer guten Akustik durchzuführen. Wenn ich lange am Arbeitsplatz sitze, sollte ich über Ergonomie nachdenken. Was für einen Stuhl habe ich, kann ich meinen Tisch ggf. in der Höhe verstellen und im Stehen arbeiten – oder ich nutze mal die Küchenarbeitsplatte, um mich mit meinem Notebook dort hin zu stellen.

So wie man nach Möglichkeit am Office-Arbeitsplatz den Ort häufiger wechselt, so sollte ich auch in meiner Wohnung öfter mal den Ort verändern. Auch auf dem Balkon oder im Garten kann ich mit Arbeitsmöglichkeiten einen Arbeitsort schaffen. Wenn ich die Möglichkeit nicht habe, kann ich auch für eine „kreative Phase“ mal in den Park oder auf eine Wiese gehen. Manche Telefonate lassen sich auch während einem Spaziergang erledigen.

Was können Menschen tun, um auch mit schnellen, einfachen Mitteln, ihren Heimarbeitsplatz zu verbessern?

Wenn man in der Familie oder mit mehreren Menschen zuhause arbeitet, ist es wichtig, seine Arbeitszeit zu formulieren, das heißt Zeiten setzen, an denen man arbeitet, obwohl man „sichtbar“ zuhause ist. Signale setzen, wie Kopfhörer aufsetzen, eine Stellwand einsetzen, hinter der man „unsichtbarer“ wird, um zu signalisieren „ich arbeite“.

Wenn kein Platz für einen Schreibtisch vorhanden ist, z.B. einen kleinen hängenden, ausklappbaren Schreibtisch an die Wand anbringen, so dass ich bei Bedarf meinen Arbeitsbereich installieren kann.

Die Tage vieler Menschen sind durch Videokonferenzen geprägt. Dabei ist vor allem die Akustik ein Problem. Welche Tipps hast Du für die schnelle Verbesserung der Raum-Akustik?

Gute Kopfhörer für die eigene gute Verständlichkeit. Textile Elemente in den Raum bringen für eine bessere Akustik, denn so kann der Hall im Raum eingedämmt werden. Man kann auch ein schallschluckendes Element, z.B. eine Stellwand hinter sich stellen – womit man gleichzeitig auch ein Hintergrundbild erzeugt – nicht immer möchte man den wirklichen Hintergrund zeigen, zum Beispiel die unaufgeräumte Küche.

Hast Du abschließend noch eine Empfehlung oder einen Tipp?

Gestalte Dir Deinen Arbeitsplatz, egal wo Du Platz findest, so, dass Du Dich wohl fühlst. Das bezieht sich auf den Raum aber auch auf die Ausstattung deines Equipments. Schaffe sichtbare Elemente, die signalisieren, dass Du jetzt arbeiten möchtest, z.B. durch eine Stellwand oder einen Vorhang im Raum.

Teile Deine Arbeitszeiten Deinen Mitbewohnern mit und grenze Dich während Deiner Arbeitszeit ab. Wenn Du wichtige Video Calls hast, denke über den Hintergrund nach und wie Du über die Kamera wirkst (wie repräsentiere ich mich, wie sitze ich da, was ziehe ich an, wie ist meine Mimik etc.).

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