Unternehmenskultur
Wenn die Zusammenarbeit mit Kolleg*innen und Vorgesetzten nicht funktioniert, wenn man sich nicht richtig wahrgenommen fühlt, dann leidet die Produktivität. Und wenn sich diese Stimmung quer durch das Unternehmen zieht, stellt sich schnell die Frage, wie das Unternehmen künftig weitere Erfolge erzielen will. Aus diesem Grund kann eine gute Unternehmenskultur durchaus zum Erfolgsfaktor werden, wie das Interview mit Victoria Beckers zeigt.
Liebe Victoria, im Energie durch Entwicklung Team hast Du Dich unter anderem auf den Bereich der zukunftsfähigen Unternehmenskultur spezialisiert – wie ist es dazu gekommen?
Am Anfang meines Berufslebens habe ich in einem großen Konzern gearbeitet und die Unternehmenskultur dort als Angst auslösend erlebt. Misstrauen und Druck waren an der Tagesordnung und ich habe schlimme Situationen erlebt, auf die ich hier gar nicht näher eingehen will. Jedenfalls war der Umgang mit Change und der Umgang mit Mitarbeiter*innen absolut unterirdisch und ich habe mir aufgrund dieser prägenden Erlebnisse damals geschworen, für eine bessere Unternehmenskultur einzutreten.
Nun bin ich im zwölften Jahr mit Energie durch Entwicklung dabei, meine Mission zu erfüllen, um in mittelständischen Unternehmen und anderen Organisationen die Kultur und Qualität in der Zusammenarbeit erfolgreich weiterzuentwickeln. Vor allem die Bereiche Unternehmenskultur und Führungskultur sind für mich ein echtes Herzensthema geworden.
Ist die moderne Arbeitswelt denn, Deiner Meinung nach, reif für diesen Change?
Der Zeitpunkt ist eigentlich längst überfällig. Das zeigt allein schon der Titel vieler Personalabteilungen (Human Resources), das im Grunde genommen dafürsteht, wie sehr der Mensch als reine Ressource, als Humanproduktionsfaktor betrachtet wird. Wir reden so häufig von Kennzahlen, von KPI und ROI und so weiter – aber diese Kennzahlen oder die Shareholder Effizienz kann nicht alles sein, wenn der Mensch dabei auf der Strecke bleibt. Aus meiner Sicht müsste diese Haltung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sinnvoll adaptiert und modernisiert werden. Wie sehr die Zeit dafür reif ist, zeigen ja auch die Strömungen in der Welt des „New Work“. Oder denken wir an die Theorie U oder Holokratie: auch das sind ganz neue und sehr innovative Ansätze, wie Unternehmen oder Teams sich weiterentwickeln können – indem sie den Menschen wieder stärker in den Mittelpunkt stellen, indem sie menschlicher werden. Einen ersten Schritt in diese neue Welt haben wir ja durch Corona erlebt.
War das Home-Office in der Corona-Zeit sozusagen ein Türöffner?
Ja, das könnte man so sagen. Unternehmen mussten ganz plötzlich ihre Teams nach Hause schicken, damit waren die Arbeitszeiten weniger kontrollierbar und trotzdem sind die notwendigen Arbeitsergebnisse erreicht worden – das war eine ganz ungeahnte Erfahrung, damit wurde eine Tür aufgestoßen in eine andere Art und Weise der Zusammenarbeit. Und auch in der Öffentlichkeit wird das Thema jetzt breiter diskutiert. Corona ist damit zum Katalysator für eine Transformation geworden oder sogar für eine Evolution, denn hier wird etwas unwiederbringlich auf die nächste Ebene gebracht.
Kommt Unternehmenskultur auf eine neue Ebene?
Ja, in vielen Unternehmen entwickelt sich gerade eine Unternehmenskultur mit mehr Wertschätzung und Respekt sowie einem Wertekanon, der den Mitarbeitenden starken Halt geben kann. Die Arbeit an der Unternehmenskultur, ihre Weiterentwicklung war noch nie so wichtig wie jetzt. Wer als Unternehmen jetzt nicht diese Aufgabe in Angriff nimmt, setzt seine Zukunftsfähigkeit aufs Spiel.
Wie kannst Du Unternehmen bei dieser Aufgabe unterstützen?
Mit meinem Fokus auf Unternehmenskultur kann ich mit unserem Team von Energie durch Entwicklung bei dieser Thematik unterstützend wirken, indem wir frische Impulse und Methoden von außen in Unternehmen hineintragen. Das von uns entwickelte „Entwicklungsmodell für zukunftsfähige Organisationen©“ trägt dazu bei, die verschiedenen Aspekte und Faktoren in einem Unternehmen in ihrer Wechselwirkung zu analysieren und geeignete Schritte einzuleiten, um das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen.
Was sind denn erfahrungsgemäß die wichtigsten Aspekte?
Fast immer geht es um Werte und die Frage, welche Werte wichtig sind und wie die Mitarbeiter*innen diese Werte erleben, es geht vor allem auch um den Umgang untereinander. Und manchmal geht es um kleine Aspekte, beispielsweise die Frage, wie die Büros gestaltet sind, ob sie eine gute Arbeitsatmosphäre bieten. Manchmal dient auch ein rituelles Verbrennen als Symbol für einen Neuanfang. Das hängt immer individuell vom Unternehmen ab.
Über solche internen Fragen hinaus geht es aber auch um den Umgang mit den beteiligten Parteien außerhalb, also die Frage, wie wir mit Partnerinnen und Partnern, Bewerberinnen und Bewerbern, Kundinnen und Kunden und mit der Öffentlichkeit umgehen. In einer zunehmend vernetzten Welt steht kein Unternehmen für sich. Und auch das bildet einen gewichtigen Faktor für die Unternehmenskultur, wie sie geprägt und gelebt werden sollte.
Und Dein persönliches Anliegen dabei?
Wie ich am Anfang schon gesagt habe, startete meine eigene berufliche Entwicklung mit einer Unternehmenskultur des Grauens und seitdem mache ich mich stark als Vorreiterin für eine gute Unternehmenskultur der Freude, die es angenehm macht, die es leicht macht, täglich miteinander zu arbeiten. Und dafür setze ich mich jeden Tag ein.
Vielen Dank für das Interview, Victoria!
Reflexionsfragen zum Thema
- Wenn Sie auf Ihre persönliche Erfahrung mit (wahrscheinlich) unterschiedlichen Unternehmenskulturen schauen, was war dabei positiv und was eher nicht nachahmenswert?
- Gibt es in Ihrem aktuellen Unternehmen Aspekte der Unternehmenskultur, von denen Sie sich eine Verbesserung, eine Veränderung wünschen würden? Welche sind das?
- Wie könnte diese Veränderung aussehen?
- Welchen Beitrag könnten Sie selbst dafür einbringen?
Victoria Beckers – Inhaberin von Energie durch Entwicklung und Expertin für zukunftsfähige Führungs- und Unternehmenskultur.
Victoria Beckers ist seit über 15 Jahren leidenschaftliche Organisations- und Kulturentwicklerin. Als Gestalterin und Wegbereiterin für Veränderungsprozesse und Transformation liebt sie die Arbeit mit und für Menschen und das Entwickeln von Klarheit, Struktur und Energie. Dabei bringt sie sowohl ihre kreative Intuition und ihr gutes Gespür als auch ihre mehr als zehnjährige unternehmerische Erfahrung, ihren klaren Fokus und ihr strukturiertes Denken in die Entwicklung neuer Lösungen ein. Ergänzt wird ihr Profil durch über 10 Jahre Erfahrung im Personalbereich, davon 7 Jahre als HR Director EMEA in einem japanischen IT-Unternehmen.
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