Das Home-Office hat während der anhaltenden Covid-19-Pandemie erheblich an Relevanz gewonnen, da es eine Lösung bieten kann, den Betrieb aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Ansteckungsgefahr unter Kollegen zu vermeiden.
Unter einem Home-Office im arbeitsrechtlichen Sinne ist ein dauerhaft eingerichtetes Arbeitszimmer in den Räumlichkeiten des Arbeitnehmers zu verstehen.
Die Einrichtung eines Home-Office mit Voraussicht zu planen, um die einschlägigen arbeits- und datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen zu erfüllen. Diese werden im Folgenden überblicksartig dargestellt.
Arbeitsmittel
Die Pflicht des Arbeitgebers, die zur Erbringung der Arbeitsleistung erforderlichen Arbeitsmittel, darunter Hard- und Software, zur Verfügung zu stellen, bleibt auch im Home-Office bestehen.
Sofern der Arbeitnehmer im Home-Office abweichend davon seine eigenen Arbeitsmittel zur Verfügung stellt, steht ihm ein Aufwendungsersatzanspruch gegen den Arbeitgeber zu. Demzufolge hat der Arbeitgeber ihm Kosten, die durch die Verwendung eigener Arbeitsmittel entstanden sind, zu erstatten. Dies erfasst beispielsweise zusätzliche Stromkosten und Kosten für eine schnellere Internetverbindung.
Arbeitszeitgesetz
Auch im Home-Office findet das Arbeitszeitgesetz Anwendung, mit der Konsequenz, dass der Arbeitgeber für die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen verantwortlich ist. Bei einem Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz drohen Geldbußen von bis zu 15.000 Euro sowie unter Umständen sogar eine Freiheitsstrafe.
Um diesem Risiko vorzubeugen, bietet sich der Abschluss einer vertraglichen Regelung an, wonach der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit täglich dokumentieren und diese Dokumentation dem Arbeitgeber regelmäßig vorlegen muss.
Arbeitsschutzrechtliche Anforderungen
Der Arbeitgeber ist verantwortlich für die Sicherheit und Gesundheit des Arbeitnehmers im Home-Office.
Um dieser Verantwortung nachzukommen, hat der Arbeitgeber zunächst eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, in die individuelle Erfahrungen und arbeitswissenschaftliche Kenntnisse einfließen. In diesem Zusammenhang sind alle Gefährdungen zu berücksichtigen, die bei der Verwendung von Arbeitsmitteln und durch die Arbeitsumgebung entstehen. Im Anschluss ist das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren.
Insoweit dies nach der Gefährdungsbeurteilung erforderlich ist, sind arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen zu treffen, um etwaigen Gefahren vorzubeugen bzw. diese zu beseitigen.
Typische Gefährdungen, die im Home-Office auftreten können, sind u.a. eine ungünstige ergonomische Arbeitshaltung, fehlender Austausch mit Kollegen, Störungen ausgehend von der individuellen Umgebung, beispielsweise ein erhöhter Geräuschpegel, psychische Belastungen sowie das subjektiv empfundene Erfordernis einer ständigen Bereitschaft für den Arbeitgeber.
Diesen Gefährdungen sollte der Arbeitgeber durch arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen entgegenwirken. Denkbar ist etwa das Bereitstellen ergonomischer Arbeitsmittel, der Abschluss einer Gruppenunfallversicherung, das Fördern von sportlichen Tätigkeiten, das Minimieren des Erreichbarkeitserfordernisses sowie die Unterrichtung der Arbeitnehmer zu getroffenen Schutzmaßnahmen.
Die erfolgreiche Umsetzung dieser Maßnahmen hat der Arbeitgeber regelmäßig zu kontrollieren. Dieser Kontrollpflicht kann der Arbeitgeber jedoch nur nachkommen, wenn der Arbeitnehmer ihm gestattet, sein Home-Office zu Kontrollzwecken zu betreten. Als Lösung bietet sich eine Vereinbarung an, die vorsieht, dass bestimmte Personen, wie beispielsweise Arbeitnehmer aus der Personalabteilung, ein Betriebsratsmitglied, ein Datenschutzbeauftragter oder ein behördlicher Überwachungsbeauftragter zu bestimmten Zeitpunkten und nach vorheriger Ankündigung Zutritt erhalten.
Datenschutz
Der Arbeitsnehmer ist zum Datenschutz im Home-Office ebenso wie im Betrieb verpflichtet. Demzufolge hat er insbesondere dafür Rechnung zu tragen, dass keine Familienmitglieder oder sonstigen Mitglieder des Haushalts Einblick in betriebliche Unterlagen nehmen oder berufliche Gespräche mithören können. Zudem dürfen Unterlagen, die vertrauliche Daten enthalten, nicht mit dem Hausmüll entsorgt werden, sondern müssen geschreddert werden.
Die Rolle des Betriebsrats
Sofern es in dem jeweiligen Betrieb einen Betriebsrat gibt, ist dieser bei der Einführung des Home-Office miteinzubeziehen.
Denn diesem stehen unter anderem Mitbestimmungsrechte in Bezug auf den Zutritt des Arbeitgebers zum Home-Office, die Arbeitszeit im Home-Office sowie eventuelle Mehrarbeit, die EDV-Nutzung und den Gesundheitsschutz zu. Hinsichtlich dieser Punkte ist eine Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und dem zuständigen Betriebsrat zu schließen.
Darüber hinaus hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor der Versetzung eines Arbeitnehmers ins Home-Office umfassend zu unterrichten. Von einer Versetzung ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer für länger als einen Monat seine Arbeitsleistung aus dem Home-Office erbringen soll. Unter bestimmten Voraussetzungen steht dem Betriebsrat darüber hinaus ein Zustimmungsverweigerungsrecht hinsichtlich der Versetzung zu.
Sofern der Arbeitgeber nicht nur einzelnen Arbeitnehmern, sondern einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern die Erbringung der Arbeitsleistung im Home-Office ermöglicht, handelt es sich um eine Betriebsänderung, die zu umfassenden Unterrichtungs- und Beratungsrechten des Betriebsrats führt.
Handlungsempfehlungen
Zur Festlegung von Standards für das Home-Office sind sowohl der Abschluss einer Betriebsvereinbarung als auch der Abschluss einer das Home-Office regelnden Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem betroffenen Arbeitnehmer zu empfehlen.
Eine Betriebsvereinbarung sollte insbesondere die folgenden Themen beinhalten: welche Arbeitsmittel der Arbeitgeber zur Verfügung stellt und in welcher Höhe der Arbeitnehmer eine Aufwandsentschädigung für den Einsatz eigener Arbeitsmittel erhält, die Arbeitszeit im Home Office sowie die tägliche Erfassung dieser, Datenschutz, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber das Home-Office zu Kontrollzwecken betreten darf und letztlich die Haftung im Home-Office.
Sofern es keinen Betriebsrat gibt, sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag die im Rahmen der Betriebsvereinbarung genannten Punkte regeln. Auch wenn eine Betriebsvereinbarung existiert, sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber hinaus in der Zusatzvereinbarung die Widerruflichkeit der Möglichkeit, die Arbeitsleistung im Home-Office zu erbringen, unter bestimmten Voraussetzung und unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist vereinbaren.
Ausblick
Derzeit gibt es noch keinen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Erbringung seiner Arbeitsleistung im Home-Office. Auch der letzte Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für ein Gesetz über mobile Arbeit (worunter dann auch Arbeit im Home-Office gefasst werden soll), sieht keinen derartigen Anspruch vor. Stattdessen sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Wunsch des Arbeitnehmers besprechen und versuchen, eine Einigung herbeizuführen. Falls keine Einigung herbeigeführt werden kann, soll der Arbeitgeber die Ablehnung des Antrags auf mobile Arbeit innerhalb von zwei Monaten nach Antragstellung in Textform begründen. Vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, ob das Home-Office in Zukunft noch weitere Verbreitung finden wird.
Inka Müller-Seubert
ist Rechtsanwältin für die Sozietät CMS und berät in allen Fragen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts sowie des Dienstvertragsrechts. Besondere Kenntnisse besitzt sie außerdem in Datenschutzfragen und Legal Tech im Beschäftigungskontext. CMS ist in Deutschland eine der führenden wirtschaftsberatenden Anwaltssozietäten. CMS berät mittelständische Unternehmen und Großkonzerne in allen Fragen des nationalen und internationalen Wirtschaftsrechts.