Die Sievert SE ist der Spezialist für Baustoff- und Logistiklösungen. Täglich arbeiten mehr als 1.700 Mitarbeiter daran, den Kunden die besten Lösungen und Produkte für ihre Bauvorhaben zu bieten und intelligent vernetzte Logistik zu ermöglichen. Mit rund 60 Standorten in Deutschland, Europa und China ist Sievert international aktiv. Als Familienunternehmen liegt die Nachwuchsförderung besonders am Herzen und die Berufsausbildung genießt einen hohen Stellenwert. Charlene Schröder ist als Business Partnerin Ausbildung & Young Talents unter anderem mit der Begleitung der Auszubildenen beauftragt. Im Interview mit Victoria Beckers spricht sie über die Feedback-Workshops, die vor zwei Jahren eingeführt wurden und sich seit dem als zukunftsfähiges Konzept etabliert haben.
Charlene, wie kam es dazu, dass Ihr Feedback-Workshops für Auszubildenden eingeführt habt? Was hat Euch dazu bewogen?
Wir sind seit zwei Jahren dabei den Ausbildungsbereich gemeinsam mit unseren Auszubildenden und Ausbilder*innen neu zu gestalten, wobei die Bedürfnisse der Zielgruppen im Vordergrund stehen. Uns ist wichtig, die gleichen Standards an allen Ausbildungsstandorten einzuführen. Daher haben wir neue Feedbackbögen gestaltet, die auf den tatsächlichen Ausbildungsalltag angepasst sind. Grade beim Thema Feedbackgespräche führen ist es wichtig, die Beteiligten abzuholen und sicherzustellen, dass alle das gleiche Verständnis zum Thema haben.
Was ist das Ziel der Feedback-Workshops?
Wir möchten sowohl unsere Auszubildenden als auch unsere Ausbilder*innen dabei unterstützen ein ehrliches und wertschätzendes Feedback zu geben. Feedback ist eines der wichtigsten Bestandteile für die Zusammenarbeit im Berufsalltag. Ohne Feedback wüssten wir schließlich nicht, ob wir unsere Arbeit gut machen oder an welchen Stellen sie noch verbessert werden kann. Wenn wir uns zwei Ausbilder*innen in unterschiedlichen Abteilungen vorstellen, wird es noch klarer:
Ausbilder*in A erwartet von den Auszubildenden, dass sie zunächst einmal ausprobieren und erst fragen, wenn sie wirklich nicht weiterwissen.
Ausbilder*in B erwartet dagegen, dass die Auszubilden direkt fragen, damit sich Fehler gar nicht erst verfestigen können.
Beide Vorgehensweisen haben natürlich ihre Daseinsberechtigung. Wenn wir uns jetzt Auszubildende vorstellen, die mit beiden Ausbilder*innen zusammenarbeitet, stehen sie zwei konträren Sichtweisen gegenüber. Wenn ihnen dies bekannt ist, können sie darauf reagieren. Wenn sie dies nicht wissen, führt dies zu Unzufriedenheiten.
Auch können Ausbilder*innen viel von den Auszubildenden lernen und ihre Zusammenarbeit und Aufgabenverteilung im Berufsalltag verbessern. Wenn Auszubildende beispielsweise lustlos erscheinen, weil sie unter- oder überfordert sind, kann die Lösung durch ein ehrliches Feedback schnell gefunden werden.
Durch unsere Workshops möchten wir sowohl eine offene Kommunikation fördern und fordern als auch Missverständnissen früher entgegenwirken.
Kannst Du den Inhalt kurz skizzieren?
Zu Beginn der Workshops haben wir uns die verschiedenen Generationen und Rollen im Ausbildungsalltag angesehen und in die jeweiligen Rollen hineinversetzt, um zu verstehen, warum Personen unterschiedlich reagieren oder ein anderes Grundverständnis von Aufgaben haben. Im Anschluss haben wir besprochen, warum wir Feedbackgespräche führen, um daraufhin Leitlinien für Feedback bei Sievert zu erarbeiten. Den Großteil des Workshops haben wir dann mit verschiedenen Übungen zum Feedback geben und nehmen verbracht, um das Gelernte zu festigen und auf Alltagssituationen anzuwenden. Wichtig war mir dabei, reale Beispiele anzuwenden und nicht zu abstrakt zu denken. In Teilen sind wir „spielerisch“ mit verschiedenen vorgegebenen Charaktereigenschaften vorgegangen, um auch anhand von überzogenen Beispielen zu zeigen, dass wir zu Lösungen kommen können, wenn wir ein ehrliches Feedback geben. Während der gesamten Workshoptage haben wir Wörter und Sätze gesammelt, die im Alltag eher hinderlich sind und vermieden werden sollen, wenn wir wertschätzende Gespräche führen möchten.
Wie sind die Workshops von der Organisation/den Abteilungen aufgenommen worden?
Von den Ausbilder*innen wurde mir gespiegelt, dass sie die Austauschrunden untereinander als sehr wertvoll empfunden haben und vor allem die Mischung der Personen unterschiedlicher Berufsgruppen, Betriebszugehörigkeiten und Standorte den Erfahrungsschatz deutlich erweitert hat. Da wir den Fokus während der Workshops auf die gemeinsame Erarbeitung gelegt und keinen „Vortrag“ gehalten haben, ist die Praxisnähe positiv hervorgekommen. Unter anderem habe ich das Feedback von einem Ausbilder mit 20 Jahren Ausbildungserfahrung erhalten, dass es eine gelungene Veranstaltung war, über die er sich so auch schon zu Beginn seiner Ausbildertätigkeit gefreut hätte.
Wie sind die Workshops von den Auszubildenden selbst aufgenommen worden? Gibt es hier vielleicht konkrete Feedbacks?
Die Auszubildenden haben sich gefreut, dass wir die Workshops vor Ort veranstaltet haben und sie ins „Tun“ gekommen sind, ohne langen Vorträgen lauschen zu müssen. Auch haben sie gesagt, dass es gewinnbringend war, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und sich untereinander auszutauschen. Positiv sei ebenso gewesen, dass mehrere Rollen eingenommen und verschiedene Situationen geübt wurden. Sie konnten voneinander lernen, wie andere Auszubildende ein schwieriges Thema ansprechen würden und mit welcher Grundhaltung wir in Gespräche gehen können. Ein genanntes Beispiel einer Auszubildenden war, dass sie nun formuliert, wie sie sich eine Situation wünscht, anstatt dass sie pauschal sagt, dass sie etwas schlecht findet. Besonders gefreut hat mich, dass viele Auszubildende ihre Kommunikation im Alltag verändert haben und immer wieder darauf achten, Wörter zu nutzen, die positiv auf andere wirken.
Macht Ihr neben den Workshops noch weitere Maßnahmen zum Thema Feedback mit den Auszubildenden?
Um den regelmäßigen Austausch zu gewährleisten und die Kommunikation untereinander zu festigen, werden alle vier Monate von allen Ausbilder*innen Feedbackgespräche mit den Auszubildenden geführt. Diese dürfen in unserer Organisation auch aktiv eingefordert werden. Da wir den Ausbildungsbereich immer weiterentwickeln und dabei auf die Wünsche unserer Auszubildenden eingehen, sind wir natürlich auch hier auf ein ehrliches Feedback angewiesen und befinden uns diesbezüglich im regelmäßigen Austausch.
Was wäre Dir noch wichtig mitzuteilen?
Ein Satz, den alle Beteiligten schon oft von mir gehört haben, ist, dass wir nicht in die Köpfe von anderen gucken können. Nur weil eine Person etwas denkt und eine bestimmte Sichtweise hat, können wir nicht davon ausgehen, dass eine andere Person genauso denkt und weiß, mit welcher Antwort gerechnet wird. Der einzige Weg, um Missverständnissen vorzubeugen, ist eine offene Kommunikation. Grundlage dafür ist natürlich eine Vertrauensbasis und ein ehrliches Interesse an meinem Gegenüber und seinen Sichtweisen. Deshalb empfehle ich jedem seine Zielgruppe mit einzubeziehen und ehrlich Feedback zu geben und dieses auch offen anzunehmen.
Vielen Dank, Charlene, für das Gespräch und die Einblicke in Deine großartige Arbeit!
Charlene Schröder ist als Business Partnerin Ausbildung & Young Talents bei der Sievert Unternehmensgruppe für den Nachwuchskräftebereich verantwortlich. Sie ist davon überzeugt, dass eine gute Ausbildung nur dann gelingen kann, wenn die Zielgruppe direkt mitgenommen wird. Ein großer Baustein ihres Ausbildungskonzeptes ist das Thema „Feedbackgespräche führen“ und die entsprechende Schulung aller Auszubildenden und Ausbilder*innen.
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