Wie Peek & Cloppenburg die hybride Zusammenarbeit vorangetrieben hat Interview mit Dr. Anika Völkel
Anika, Ihr habt Mitarbeitende in Verwaltung, Logistik und Verkauf, das heißt eine „All- fits-all“-Lösung für hybrides Zusammenarbeiten ist kaum möglich. Wie geht Ihr damit um?
Hybrides Arbeiten konzentriert sich bei uns stark auf die Zentrale, aber wir suchen auch Anknüpfungspunkte für die Kolleg*innen in anderen Unternehmensbereichen. Beispielsweise mit einem Piloten für ein Verkaufshaus, in dem die Abteilungsleiter*innen mit MS Teams einen Zugang über mobile Geräte haben, um einen engeren Austausch mit dem Einkauf zu fördern.
Darüber hinaus arbeiten wir an neuen mobilen Kommunikationstools, um den Informationsfluss für alle Kolleg*innen zu jeder Zeit zu gewährleisten. Es geht ja nicht nur um Meetings, sondern um Kommunikation und umfängliche Information.
Wenn Mitarbeitende sich nicht regelmäßig bei der Arbeit sehen, dann ist eine der größten Herausforderungen, alle auf dem gleichen Wissensstand zu halten.
Wie war die Zusammenarbeit vor Corona und wie habt Ihr Euch umgestellt?
In unseren beiden Zentralen in Düsseldorf und Wien haben wir auch vor Corona regelmäßig über Telefon- und Videokonferenzen gearbeitet. Mit Corona mussten wir schnell und viel mit den Verkaufshäusern kommunizieren und standen z.B. vor der technischen Herausforderung, dass die vorhandenen Möglichkeiten für eine Telefonkonferenz nicht mit unserer großen Teilnehmerzahl kompatibel waren. Rückblickend, mit unserem täglichen Tool MS Teams, heute gar nicht mehr vorstellbar.
Wir haben bereits vor Corona angefangen, MS Teams im Rahmen eines Projekts „Unified Collaboration“ in ausgewählte Abteilungen zu testen. Den großen Roll-out haben wir vorgezogen und eine Woche vor dem ersten Lockdown angefangen, mit dem neuen System zu arbeiten.
Die erste Zeit war eine intensive Erprobungsphase im Hinblick auf hybrides Arbeiten, Learning-by-doing, insbesondere, weil viele Kolleg*innen in Kurzarbeit und/oder im Home-Office waren. Vieles wurde am Telefon besprochen und erste Video-Calls fanden statt. Für unsere Aufgaben als HR-Abteilung war es allerdings, für Teile meines Teams, nicht möglich, komplett von zu Hause aus zu arbeiten, da wir uns im ersten Lockdown mit komplett neuen Themen wie etwa Kurzarbeit auseinandersetzen mussten, um dann kurzfristig Entscheidungen für alle Kolleg*innen zu treffen. Die Koordination, wann wer welche Informationen bekommt, war zunächst herausfordernd. Unsere Prozesse haben wir dann sukzessive reflektiert, strukturiert und optimiert.
Der Roll-out von MS Teams verlief zwar schneller als geplant und insofern auch holpriger, aber im Nachhinein war es ein guter Weg – ins kalte Wasser hinein und schwimmen.
Und wie habt Ihr die Mitarbeitenden bei der Umstellung unterstützt?
Ganz am Anfang haben wir umfassende Teams- Meetings angeboten, in denen das Produkt vorgestellt worden ist. Ergänzend gab es auch den Teams-Kanal, der wichtige Punkte und FAQs zusammengefasst hat. Im unternehmensweiten Intranet wurden regelmäßig Funktionalitäten, Tipps und Tricks von MS Teams vorgestellt. Zusätzlich haben wir in den Fachbereichen Mitarbeitende als „Ambassador“ gesucht und geschult, um bei Teams-Fragen der direkten Kolleg*innen unmittelbar zu helfen. Als Multiplikatoren haben sie zu einem erfolgreichen Roll-Out beigetragen.
Nach dem ersten Lockdown war klar, dass nicht alle gleichzeitig in die Büros zurückkommen werden. Die Meetingräume über Teams haben unseren Austausch – vom Home-Office oder der Firmenzentrale – sichergestellt.
Im Home-Office haben sich aber auch technische Herausforderungen gezeigt. Nicht jede*r Mitarbeitende hat über eine gute Bandbreite verfügt. Ein scharfes Bild und gute Akustik sind bei dieser Art der Zusammenarbeit zwar sehr wichtig, aber die Standards unserer gut ausgestatteten Videokonferenzräume mit sehr guter Videokonferenztechnik und Raum-Mikros nicht immer gegeben. Passend dazu verantworte ich aktuell ein Büroflächenprojekt, bei dem wir u.a. neue Meeting-Flächen schaffen, um das hybride Arbeiten stärker zu fördern. Jeder Fachbereich soll zukünftig in Meeting-Räumen mit Videokonferenztechnik arbeiten, in denen hybrides Arbeiten Spaß macht.
In der Rückschau betrachtet, haben wir sehr schnell sehr viel erreicht, aber es hat auch eine hohe Eigenverantwortung und Bereitschaft bei Führungskräften und Mitarbeitenden gefordert, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Was waren oder sind die Erfolgsfaktoren?
Auf Basis unserer neuen technischen Möglichkeit mit MS Teams, geht es jetzt um Themen wie aktive und flächendeckende, aber auch um eine zielgruppenrelevante Kommunikation und eine Meeting-Disziplin.
Da die Kolleg*innen an unterschiedlichen Orten sitzen, fehlt oft die informelle Kommunikation, ein schneller, aber verbindlicher Austausch, wie „ich gehe eben rüber und bespreche das“ oder „ich gebe das schnell weiter“.
Aus diesem Grund ist es wichtig, eine gute Working- oder Meeting-Kultur zu haben. In unserem Bereich haben wir z.B. Morning-Calls eingeführt: mit einer gemeinsamen Viertelstunde und einem kurzen Update starten die Teams in den Arbeitstag. Zudem haben wir festgelegt, dass jeder die Kamera anschaltet. So halten wir den Kontakt, konzentrieren uns auf die Teilnehmenden und hören aktiver zu.
Zu den Erfolgsfaktoren gehört auch, Meetings im Ablauf gut zu strukturieren. Wir merken, dass die Kalender voller geworden sind, weil es immer wieder Abstimmungsschleifen gibt. Ich empfehle, mit dem Versand des Termins eine Kurzagenda und am Ende des Meetings eine Zusammenfassung mit konkreten To Do’s.
In der Zeit eng getakteter Kalender ist eine Working Culture wichtig, auf die sich die Mitarbeitenden geeinigt haben, z.B. Definition der Dauer von Regelmeetings, Berücksichtigung von Pausenzeiten, Umgang mit Pünktlichkeit und Wortmeldungen.
Wie habt Ihr Eure Belegschaft noch unterstützt?
Mit dem Wechsel ins teilweise dauerhafte Home-Office, haben wir seitens des betrieblichen Gesundheitsmanagements an den Themen Gesundheit, Führung und Achtsamkeit gearbeitet, die mit dem Start des digitalen und hybriden Arbeitens noch mehr Bedeutung bekommen haben. Angefangen bei Gesundheitstipps in unserem Portal bis hin zu Vorträgen von Experten. „Richtiges Atmen“ gehört genauso zur Bandbreite unserer Themen, wie Bewegung und Ernährung, Mikropausen oder Powernapping. Wir arbeiten hier eng mit der Barmer und dem Expertenteam der detoxRebels zusammen.
Neben den klassischen Gesundheitsthemen haben wir unsere Führungskräfte auch inhaltlich unterstützt: z.B. Tipps zu stressfreier Kommunikation, eine Online-Schulung „Führen auf Distanz“ und um das Teamgefühl zu stärken, haben wir auch eine digitale Schnitzeljagd für die Mittagspause durchgeführt.
Gab es bei Euch Befürchtungen, dass Mitarbeitende im Home-Office nicht effizient arbeiten, sondern eher ein verlängertes Wochenende machen?
Ich bin davon überzeugt, dass wir in den vergangenen Monaten bewiesen haben, dass wir als Organisation sehr leistungsbereit sind. Aus unserer Erfahrung und den Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen bekommen wir mit, dass bei der Arbeit im Home-Office eher die Gefahr von Mehrarbeit besteht. Umso wichtiger ist eine gute Führung. Die Führungskraft sollte wissen, welches Teammitglied wie arbeitet und welche Leistung erbracht wird.
Gibt es wegen des hybriden Arbeitens eine Missgunst zwischen den unterschiedlichen Berufsgruppen in der Zentrale und im Verkauf?
Eine solche Stimmung habe ich bisher nicht wahrgenommen. Die Möglichkeit von Home- oder Flex-Office sind im Verkauf oder in den Warenverteilzentren de facto nicht gegeben, da die Mitarbeitenden vor Ort unabdingbar sind.
Was durchaus noch ausbaufähig ist, ist die Kommunikation zwischen Zentrale und Verkaufshaus. Aber auch hier haben wir bereits einen nächsten Schritt gemacht: unsere General Sales Manager*innen in den Häusern sind alle mit neuen Laptops und MS Teams ausgestattet, so dass jederzeit ein hybrider Austausch möglich ist. Auch der Einsatz von Mobile Devices bei den Abteilungsleiter*innen wurde bereits in einem Piloten getestet, um die engere Zusammenarbeit zwischen Einkauf und Verkauf zu fördern.
Was ist denn das größte Learning der Organisation?
Die Corona-Pandemie hat kulturelle Begebenheiten, aber auch unsere technischen Voraussetzungen im Unternehmen schneller verändert und von den Mitarbeitenden und dem Unternehmen gleichermaßen mehr Offenheit und Flexibilität im Hinblick auf das „wie“ und „wo“ der Arbeitswelt gefordert. Der Mix der Arbeitsorte scheint, nach über einem Jahr auf dem Prüfstand, für die meisten die attraktivste Lösung zu sein, denn wir bemerken, dass neben dem fachlichen Austausch auch die sozialen Kontakte – und damit der Gang ins Büro – vielfach gewünscht ist.
Ich denke, dass der Arbeitseinsatz und die Arbeitsergebnisse gezeigt haben, dass unsere Mitarbeitenden diese Arbeitsform voll adaptiert haben und auch kritische Führungskräfte überzeugt wurden.
Und was ist Dein persönliches Fazit?
Corona hat uns vor viele Herausforderungen gestellt und wir mussten insbesondere Agilität und Veränderungsbereitschaft unter Beweis stellen. Wir sollten diese Chance der Veränderung in der Zusammenarbeit nutzen und nicht aufhören, uns hier weiterzuentwickeln.
Vielen Dank für das Interview und den Einblick in Eure Erfahrungen!

Dr. Anika Völkel verantwortet seit 2014 als Director den Bereich HR & Corporate Communcations bei der Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf. Nach ihrem Studium an der WWU Münster und erster Führungserfahrung im textilen Einzelhandel stieg sie 2004 bei Peek & Cloppenburg ein und leitete dort verschiedene Abteilungen im Personalbereich. Ihre Schwerpunkte liegen in den Themen HR Strategie, Digitalisierung, Leadership, Change Management, Talent Management und HR Administration & Controlling.
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